Sonntag, 21. September 2008

Von einer Entjungferung

Zu sagen, dass die Entjungferung am Anfang steht, stimmt so natürlich nicht. Am Anfang der Geschichte der Penetration. Nicht an der der sexuellen Erweckung. Schon gar nicht an der meiner Sexualität. Dennoch steht sie für einen Anfang und für ein Ende und deshalb ist sie gut genug für den Auftakt.

Es gab ein paar Kriterien, die der Auserwählte zu erfüllen hatte. Da sein und verfügbar war schon ein entscheidendes. Gut aussehen. Gut genug. Alle Mädels fanden J. fantastisch. So sah ich das zumindest.Er war ein Teil eines Zwillingsgespanns und jeder sagte, wie toll das doch sei, dass es zwei von ihnen gäbe. Er war groß, gut gebaut und hatte halblange braune Locken , war gut gekleidet. Sein Gesicht sah aus, als habe es jemand aus einem groben Stück Fels gehauen und für die Feinheiten keine rechte Geduld mehr gehabt. Und die Augen waren klein und von diesem irritierenden blau- zu hell, zu durchdringend, zu stierend.
In der Dunkelheit wurden sie silbergrau wie geschmolzenes Metall. Ich weiß, dass ich dachte, dass er damit aussah, wie ein Vampir oder vielmehr wie ein Cyborg. Wie etwas, dem sein menschliches Antlitz nur als Maske diente. Das war natürlich interessant. Der Rest war ... enttäuschend. Ich weiß, dass ich die Weichheit seines Bauchs irritierend fand. Ich warf ihm vor ein Blender zu sein- wenn er ein T-shirt anhatte, entwarf man ein mentales Bild eines anbetungswürdigen Oberkörpers, das dann jäh in sich zusammenfiel, wenn man mit der Wahrheit konfrontiert wurde. Wobei die kleine Speckrolle nur aus ihrer Analogie zu der viel entscheidenderen Enttäuschung so irritierend wurde. Dass er trotz seiner offensichtlichen Beliebtheit mir an sexueller Erfahrung kaum etwas voraus hatte. Dreimal um genau zu sein. Drei verdammte Male, obwohl er eine halbjährige Beziehung geführt hatte. Was viele Fragen offenlässt.
Der Akt hatte sein Vorspiel. Und zwar ein einnächtliches. Interessanterweise platzte J. mitten hinein in eine seit einigen Wochen vorgenommene und sich auch so ansatzweise in Ausführung befindlichen Verführung von S., einem Mädchen nach dem ich absolut verrückt war. Dann tauchte also J. auf und fragte mich irgendwann, ob er mich küssen dürfe. In meinem Tagebuch von damals steht: Und J. fragt, ob er mich küssen darf und ich sage ja und er küsst mich, langsam und ich küsse zurück und es ist ein schöner Kuss, leicht wie der Flügel eines Schmetterlings. Aber in mir ist nichts, ich fühle nichts, gar nichts. Und als wir es später knutschend in sein Zelt schaffen, steht fest, dass der Kandidat gefunden ist.
Das Festival, an dem wir uns trafen, ging zwei Tage und am nächsten Tag war ich zurück und vorbereitet. Auch diesmal schafften wir es irgendwie ins Zelt und irgendwann waren wir nackt. Und ich rang mir irgendwann die Worte heraus, dass ich Jungfrau sei. Seine darauffolgende Offenbarung ist bekannt. Was meinen großartigen Plan passiv unten zu liegen und die Sache hinter sich zu bringen, irgendwie zum wanken brachte. Entscheidender war dabei die Tatsache, dass er es nicht schaffte einzudringen und wenn er es gelegentlich und mit ein wenig Hilfeleistung meinerseits doch einmal schaffte, sofort wieder hinausrutschte. Man stelle sich das vor, wie ich auf dem Rücken liege und plötzlich ist da dieser Spruch in meinem Kopf aus der Schultoilette: Hose runter, Beine breit, vicken (einer dieser typischen Rechtschreibefehler, bei denen man sich immer fragt, ob man sich wirklich in der Toilette eines Gymnasiums befindet) ist ne Kleinigkeit. "He stop mal", will ich rufen, " DAS soll eine verdammte Kleinigkeit sein??!!Wieso können das denn alle, nur ich nicht?"
Nachdem sich die Situation auch nach einiger Zeit nicht entscheidend verbessert und ich mich schon fürchte, die einmalige Chance zu versauen durch meine Untätigkeit und Unfähigkeit, überwinde ich mich schließlich doch und tue was ich unbedingt vermeiden wollte. Ich nehme die Entjungferung selbst in die Hand. Beziehungsweise seinen Schwanz und dann setze ich mich auf ihn und führe ihn ein und die Sache ist erst ziemlich schmerzhaft."Na prima, entjungfere ich mich also selbst,"denke ich. Dann sagt mir irgendetwas, dass es nicht reicht auf ihm zu kauern. Ich durchforste mein Gehirn nach entsprechenden Buchpassagen oder Filmszenen und dabei will mir etwas von Beckenkreisen einfallen. Nur dass diese Bewegung aus meiner Postion heraus nicht bewältigbar ist. Und erst kriege ich einen Krampf und dann einen internen Wutanfall auf die Unfähigkeit meines Fickpartners. Irgendwie bewege ich mich dann wohl auf ihm. Und spüre überhaupt nichts. Dann steige ich ab. Dass er nicht kommt, fühlt sich an wie die ultimative Demütigung. Er will mich mit Geschwätz von Drogen und Alkohgol beruhigen und eigentlich ist es mir ja auch egal. Ich will, dass es mir egal ist.
Und dann liegt ja auch der Schleier der grenzenlosen Erleichterung über allem. Die Überprüfung meines Slips bringt den Beweis: Nie wieder werde ich Jungfrau sein und es nie wieder eingestehen müssen.
Er meldet sich nie wie wieder. Ich mich auch nicht.
Wenn ich ihm heute auf der Straße begegnen würde, würde ich ihn vermutlich mit seinem Zwillingsbruder verwechseln.

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